Die Idee, den Ressourcenverbrauch und die Umweltverschmutzung durch die industrielle Lebensweise unserer modernen Zivilisation zu vermindern, indem man einfach die Menschen vermindert, quasi kleiner macht, klingt ein bisschen spinnert, ist aber ein interessantes Gedankenexperiment.

In dem Film Downsizing aus dem Jahr 2017 spielt Matt Damon einen Durchschnitts-Amerikaner, der sich auf die Größe einer Handfläche verkleinern lässt und das weniger aus Sorge um den Klimawandel, als vielmehr um die Chance zu ergreifen, ein besseres Leben zu führen. Was bedeutet so ein besseres Leben genau? Es bedeutet eine Welt voller riesiger Einfamilienhäuser, Kaffee-Pappbecher, gepflegter Vorgärten, Fitness Clubs und Restaurants, nicht unähnlich eines großen Ferienclubs, nur eben alles auf der Fläche einer großen Puppenhauslandschaft. In guter Hollywood-Manier merkt Matt alias Paul, dass ihn diese Welt nicht glücklich macht; soweit so gesellschaftskritisch.

In Norwegen, das abseits der Fjord-Natur in dem Film ein wenig nach bayrischer Gemütlichkeit aussieht, lernen wir die Ursprungszelle der Downsizing-Bewegung kennen. Wir bekommen außerdem die bekannten Fakten des Klimawandels genannt. Der Permafrostboden taut und setzt schubweise große Mengen Methan frei. Das Methan wiederum beschleunigt im Film wohl etwa im Jahr 2030 die Klimaerwärmung so exponentiell, dass Wissenschaftler annehmen, menschliches Leben würde in Kürze auf unserem Planeten unmöglich werden. Die Apokalypse steht also kurz bevor.

Doch an dieser Stelle des Films passiert etwas, dass mir bisher aus Science-Fiction-Utopien oder Dystopien nicht bekannt ist: Das Vertrauen in die Wissenschaft wird ganz plötzlich untergraben. Die norwegische Kleinmenschen-Siedlung um den Erfinder der Schrumpfmethode gleicht einer verrückten, verschwörerischen, verklärt-romantischen Hippie-Öko-Truppe. Aus meiner Sicht wird die bis daher ernst zu nehmende Wissenschaft ein wenig lächerlich dargestellt. Wissenschaft und Verschwörung sehen sich gefährlich ähnlich.

Die schrille, verrückt erscheinende Dorfälteste hat für den Fall, dass zu wenige Menschen sich schrumpfen lassen, einen Plan B ausgeheckt, um die Klimakrise zu überstehen. Die Rettung ist eine Art Arche Noah unter Tage, in der die kleinen Menschen etwa 8000 Jahre verbringen wollen, bis die Erdoberfläche wieder bewohnbar ist. Man geht skurrilerweise mit Handkarren in die High-Tech-Arche-Noah.

An dieser Stelle steigt Paul aus der Utopie aus. Er geht zurück in die amerikanische Mini-Wonderworld und führt zusammen mit seiner sozial gesinnten vietnamesischen Ex-Umweltaktivisten-Frau ein „normales“ Leben. Ein geschrumpftes normales Leben natürlich, das nur deshalb nachhaltig ist, weil es eben klein ist. Man ist gut, weil man hie und da den Alten und Kranken und den von der Gesellschaft Ausgeschlossen hilft. Nur wird hiermit stillschweigend akzeptiert, dass es immer benachteiligte Mexikanerinnen geben wird, die für wohlhabende US-Amerikaner putzen müssen.

Moderne Ökonomen preisen an diese Stelle den “trickle-down-effect”, nach welchem durch das Wirtschaftswachstum, den Konsum und die Investitionen der Reichen der Wohlstand nach und nach in die unteren Schichten der Gesellschaft durchsickern würde. Leider ist es doch aber wohl eher so, dass die Reichen durch die Macht des Kapitals/der Finanzmärkte ohne viel Zutun immer reicher werden und die Schere zwischen arm und reich dadurch weiter aufgeht. Das geschieht selbst dann, wenn der Wohlstand für alle etwas steigt. Mir fällt keine einfache Lösung für das Problem ein, aber Erkenntnis ist immer der erste Schritt. Und es ist auch eine Erkenntnis, dass sich nicht alle Probleme auf der Ebene der oder des Einzelnen lösen lassen, auch wenn der oder die Einzelne noch so sozial, gerecht und engagiert ist.

Und was ist nun mit dem Klimawandel? Malte Henk bezeichnet in der ZEIT die „Greta-Apokalypse“ im Gegensatz zum kosmischen Werden und Vergehen, als eine, die zu verhindern wäre. Ja, der Sinn apokalyptischer Vorhersagen sei gar nicht, Menschen in Angststarre verfallen zu lassen, sondern im Angesicht des Untergangs aktiv werden zu lassen. Im Guten natürlich.

Im Film Downsizing werden die wissenschaftlichen Fakten der Erderwärmung zwar anerkannt, aber die Schlüsse daraus sind seltsam klein, ohnmächtig und letztendlich geradezu kapitulierend realistisch. Realistischer als das Medium Film sein müsste bei einer Schrumpf-Idee, die absolut unrealistisch ist. Ein bisschen mehr echte Utopie hätte mir besser gefallen.

Bei mir hat das mit der aktivierenden Energie der Apokalypse übrigens schon einmal gewirkt. Als Kind wollte ich die Welt retten, nachdem ich die Diskussionen um Tschernobyl und das Baumsterben durch sauren Regen miterlebt hatte. Wie viele Kinder, habe ich meine Eltern gefragt, warum sie jetzt eigentlich noch Auto fahren. Letztendlich kam es nicht so schlimm, wie ich es damals befürchtet hatte, schließlich leben wir noch und viele Bäume auch. Dennoch waren beide Themen keine Bagatell-Problemchen und die gesellschaftliche Diskussion hat ein langfristiges Umdenken bewirkt. Der Klimawandel ist eine um Dimensionen größere, systemische Bedrohung und meiner Ansicht nach einer der besten Gründe, sich politisch zu engagieren. Und ja, auch maßvolles downsizing ist sicher hilfreich, nur anders als im Film.