Letztens hatte ich ein Interview der ganz anderen Art und zwar mit einem Schüler. Heutzutage finden sich Schülerzeitungen natürlich auch im Netz, aber diese der IGS Wunstorf geht weit über das hinaus, was man von einer Schülerzeitung erwartet. Unter der Rubrik Interviews findet sich eine Menge Prominenz, wie Handball-Weltmeister Henning Fritz, Diskus-Olympiasieger Robert Harting oder Sänger Sasha. Und wenn man wissen will, warum das so ist, sollte man das erste Interview dort lesen. Darin erfährt man, wie Christian Bärmann vom Journalisten, Blattmacher und Autor zum Sport- und Englisch-Lehrer wurde. Es würde mich nicht wundern, wenn ein so engagierter Quereinsteiger wie er nicht einige seiner Schülerinnen und Schüler inspirieren würde, auch im Journalismus Fuß zu fassen. Wie wichtig Lehrerinnen und Lehrer oder auch Trainerinnen und Trainer sind, die für ihre Sache brennen und motivieren können, kann ich gar nicht in Worte fassen. Ohne meinen ersten Trainer, wäre ich nie Schwimmerin geworden und das Interesse für Biologie haben meine Lehrerinnen geweckt.

Weshalb ich diesem Interview einen Blogtext widme? Weil ein Schüler aus der neunten Klasse so erfrischend andere Fragen stellt. Überhaupt stellen Kinder auch manchmal Fragen, die Erwachsene nie stellen würden. Fast ein wenig wie im Poesiealbum oder Freundebuch beantworte ich auch gerne Mal eine Frage dazu, was ich zum Frühstück esse (früher immer Porridge oder Haferschleim) oder welche meine Lieblingsfarbe ist (grün, ehrlich!).

Hier das Interview aus dem “Blattsalat”:

„Kraul und Rücken sollten zuerst beigebracht werden“

  • Was macht für Sie den Reiz des Schwimmens aus?

Für mich ist Schwimmen eine sehr freie, unter Wasser fast schwerelose Bewegung in einem wunderbaren Element. Im Wasser dahin gleiten ist etwas, was ich heute noch sehr mag, vor allem in der Natur. Als Sportlerin habe ich auch geschätzt, dass Schwimmen eine absolut objektive Sportart ist und Zeiten nicht relativ sind.

  • Was sollte ein junger Mensch körperlich und mental „mitbringen“, der auf einem Leistungsniveau schwimmen möchte?

Wer international spitze werden möchte, muss das nötige „Wassergefühl“ und die Athletik in die Wiege gelegt bekommen haben. Wer beides besitzt und auch als Talent entdeckt wurde, sollte hartes Training nicht scheuen und bereit sein, sehr zielstrebig zu arbeiten. Man wächst allerdings mit dem Erfolg auch in ein Sportleben hinein. Ab einem gewissen Alter ist fast alles andere dem Trainings- und Wettkampfbetrieb unterzuordnen. Es ist auch wichtig, dorthin zu gehen, wo die Bedingungen, das Team und der Trainer oder die Trainerin gut sind.

  • Wie oft haben Sie in der Woche trainiert?

10 Einheiten Schwimmen von 1,5 – 2 Stunden, plus 5-6 Athletikeinheiten (Krafttraining, Stabilisationstraining, etc.) mit etwa einer Stunde. Wir haben also immer zwei Mal am Tag trainiert und hatten Mittwoch- und Samstag-Nachmittag sowie am Sonntag frei. In Trainingslagern konnte es noch mehr Training sein, vor allem war das Training dann noch intensiver, also anstrengender.

  • Welche Schwimmtechnik ist am schwierigsten, welche am leichtesten zu erlernen (und warum?)?

Das liegt ein wenig im Auge des Betrachters. Meine Sicht ist folgende: In Deutschland wird allen Kindern Brustschwimmen beigebracht, weil es so einfach ist, den Kopf über Wasser zu halten. Brust ist zwar die langsamste Disziplin, aber dafür auch als Wettkampfstil schwer zu erlernen. Das Spreizen der Beine ist immer auch eine Bremsbewegung, aus der man in jedem Zug neu Geschwindigkeit aufbauen muss. Brustschwimmer sind bei uns oft Spezialisten. Sie können meist keine andere Disziplin ähnlich gut schwimmen. Kraul und Rücken sind als Schlagschwimmarten ähnlich. Ich halte es für besser, wie in Australien Kindern diese Schwimmarten zuerst beizubringen. Die Strampel-Beinbewegung ist viel intuitiver, als die Frosch-Brustschwimmbewegung. Für das Wettkampf-Rückenschwimmen muss man gut die Delphinbewegung unter Wasser beherrschen und mehr Beinkraft haben als Kraulschwimmer. Rückenschwimmen im Freibad ist eine Herausforderung, weil die Sonne blendet und die Orientierung schwierig ist. Delfin ist sehr kraftintensiv, aber wenn man die Wellenbewegung im Körper erst einmal verstanden hat, technisch gar nicht so schwer zu erlernen, wie viele Menschen denken. Ich hatte erst gegen Ende meiner Karriere genug Kraft in den Armen, um schnell Delphin zu schwimmen. Es war dann eine willkommene Abwechslung zu Kraul und Rücken.

  • Was ist Ihre Lieblingsschwimmtechnik?

Rücken.

  • Was hat Sie angetrieben, immer weiter zu machen?

In der Jugend hat mich der Erfolg angetrieben. Auf der Höhe des Erfolgs hat mir das Sport-Leben auch Spaß gemacht, weil ich so viel erlebt habe. Ich durfte sehr interessante Menschen kennen lernen, habe vielen Berühmtheiten, einigen Bundespräsidenten und Kanzler Schröder die Hand geschüttelt. Außerdem habe viel von der Welt gesehen, weil fast überall geschwommen wird. Am Ende wollte ich meine Karriere mit einem guten Ergebnis für mich selbst abschließen können, was mir zu den Olympischen Spielen in Beijing 2008 auch gelungen ist.

  • Was hat Ihnen während Ihrer Laufbahn am wenigsten Spaß gemacht?

Ausdauertraining, 4 Wochen Höhentrainingslager in der spanischen Sierra Nevada und manchmal auch generell das Leben aus dem Koffer. Grundsätzlich war es auch manchmal schwer, sich innerlich von den Streitereien in unserem Verband fern zu halten. Der Deutsche Schwimmverband hat sich sehr schwer mit der Vereinigung von Ost- und Westsport getan.

  • Wie haben Sie sich vor einem Wettbewerb „beruhigt“?

Ich habe unter Druck meist gut „funktioniert“. Angst sollte man nicht haben, wenn man jedoch zu ruhig ist, bringt man auch keine gute Leistung. Ich habe meine wichtigen Rennen mit allen kritischen Details vorher im Kopf mehrmals durchgeschwommen. Im Sprint kommt es auf jedes Detail an, denn am Ende entscheiden oft nur Hundertstel-Sekunden. Im Vorstartraum habe ich mir aktiv eingeredet, dass ich nicht nachlassen werde, auch wenn die Schmerzen noch so stark werden. Gegnerinnen habe ich vor dem Rennen ausgeblendet und habe mich nur auf mich konzentriert und nur auf den Moment.

  • Haben Sie sich mal so schwer verletzt, dass Sie nicht an einem Wettkampf teilnehmen konnten?

Beim Schwimmen habe ich mich noch nie ernsthaft verletzt, das ist auch nicht so leicht.  Als Schwimmerin ist es wahrscheinlicher wegen einer Erkältung auszufallen als wegen einer Verletzung. Von 1995-2008 war ich bei jedem Jahreshöhepunkt dabei. Ich hatte am Ende meiner Karriere eine Schulter-Operation. Die Schulter hatte schon länger immer geschmerzt (Verschleiß) und irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten. Nach der OP habe ich nur sehr knapp die Olympiaqualifikation 2008 geschafft.

  • Sind Sie zufrieden mit Ihren Erfolgen?

Ja

  • Hatten (haben) Sie bei Badeanzügen eine Lieblingsfarbe?

Nicht wirklich. Rennanzüge sind meistens dunkel. Ich hatte bestimmte Modelle, die ich sehr geliebt habe. Das hat sich aber in über 20 Jahren Schwimmen öfter verändert.

Lange war es so, dass nur Männer Badehosen hatten, die man mit einem Band zuschnüren kann. Frauen-Bikinihosen hatten das nicht und die rutschten dann bei Startsprüngen. Fabiola Molina war eine brasilianische Schwimmerin, die dann Trainings-Bikinis erfunden und verkauft hat, mit denen man auch schnell schwimmen kann. Die waren immer schön bunt und viele Schwimmerinnen habe sie extra von ihr aus Brasilien importiert.